Weil Bremgarten auffallend viel aus der Luft fotografiert worden ist - wohl wegen der malerischen Reuss-Schleifen, der geschlossenen Altstadt oder der Kaserne - lässt sich die Siedlungsentwicklung hier besonders anschaulich nachvollziehen.
Vom Eingang zur mittelalterlichen Stadt aus, dem Obertor, strahlen die Strassen aus in die offene Landschaft, nach Wohlen, Zug, Luzern und Zürich. An diesen Ausfallstrassen lagern sich um die Jahrhundertwende in loser Folge Häuser an: Kleine Wohnhäuser zumeist, von denen viele giebelständig stehen, so dass sie wie Zaungäste wirken, die dem Treiben auf der Strasse zusehen. Sie sind es, die über weite Strecken und lange Zeit den Massstab der suburbanen Bebauung definieren, ehe sich später die grossen Gewerbe- und Infrastrukturbauten im Bebauungsmuster der Vorstadt festsetzen. Diese kleinmassstäbliche, kompakte Grunddisposition der Bauten an der Strasse ist prägend für Bremgarten. Und deshalb wäre es falsch, die Zürcherstrasse nun zur ‚Rue Corridor’ zu verdichten!
Die zweite starke Prägung, die den Ort bei der Betrachtung aus der Luft ausmacht, ist die Strukturierung des Landschaftsraums mit Baumreihen. Sie sind omnipräsent und verdeutlichen die kulturelle Überformung der Landschaft: mal als Alleen, welche die Strassen beschatten, meist als Obstbaumreihen, hier als Windschutz in offener Landschaft, dort als Befestigung des Reussufers (Pappeln). Diese ‚Vege-tationsspur’ wird zum städtebaulichen Leitmotiv: Die Zürcherstrasse wird zum baumbestandenen Boulevard umgestaltet. Weil der Bearbeitungsperimeter die Zürcherstrasse auf ansehnlicher Länge begleitet, kann die neue Allee auch noch die mächtigen Platanen zwischen Obertor und Bezirksschule integrieren und das heute abweisende Strassenbild nachhaltig aufwerten.
Diese beiden Charakteristiken des Orts – die Reihe der Häuser an der Strasse und die Reihen der Bäume in der Landschaft - werden zum Ausgangspunkt des Entwurfs: Die Zürcherstrasse wird zum Boulevard im Schatten der Alleebäume, deren Zwischenräume von Häusern besiedelt werden. So bleibt die Bebauung durchlässig, und trotzdem wird der Strassenraum gefasst. Eigentlich ähneln auch die Häuser selbst Bäumen: Über ihrem schmalen Stamm erhebt sich eine weit auskragende Krone, die möglichst vielen Menschen Schutz und Schatten gewährt, während in den Kronen selber gewohnt und gearbeitet wird.