Das Druckerei- und Lufthängegebäude von Ennenda-Tschachen gehört zu den grössten und eindrücklichsten Hänggitürmen, die dem Kanton erhalten geblieben sind, und ist ganz zweifellos ein faszinierender Zeitgenosse! Dass er der eigentliche Protagonist der Arealentwicklung ist, versteht sich von selbst. Weil Hänggitürme nie Solitäre waren, sondern stets eingebettet in dichte Ensembles von Produktionsbauten mit Drucksälen, Zeichensälen, Maschinenräumen, Wäschereien, soll er auch in Zukunft umgeben werden von niedrigeren Neubauten. Ihre Längsausrichtung folgt dem Turm, was die Verbindung von Bestand und Neubauten bestärkt. Verwandtschaften zwischen Turm und Neubauten sind aber auch in deren rechteckiger Grundform unübersehbar, in ihrem mineralischen Sockel unter einem hölzernen Aufbau, sowie im weit auskragenden Satteldach.
Das Kartoni-Areal erhält mit dem Hänggiturm-Platz einen attraktiven Eingang und Tschachen erhält eine Dorfmitte. Dieser Platz wird an seinen Längsseiten von zwei Neubauten gefasst. Der im Norden ist etwas zurückversetzt, um dem Hänggiturm die angemessene Präsenz an dem nach ihm benannten Platz zu verschaffen.
Uns fasziniert die strukturelle Regelhaftigkeit, wie wir sie in den regionalen Holzbauten ebenso wie in den frühindustriellen Industriebauten vorfinden. Ungerichtete Stützenraster lassen Spielraum für verschiedenartige Nutzungen, ein repetitiver Fensterrhythmus ordnet die Fassaden. In den Wohnhäusern gliedern kräftige Kreuzstützen die Wohnungen in ein Gefüge gleichwertiger, zellenartiger, verbundener Räume – ganz im Sinne traditioneller Kammergrundrisse, wie sie für Holzbauten typisch sind. Es versteht sich von selbst, dass die Spannweiten auf die Leistungsfähigkeit des Holzes abgestimmt sind. Korridore gibt es kaum, dafür grosszügige Zimmer, deren quadratische Form ganz verschiedene Bespielungen zulässt. Dank der Raumhöhe von 2,6 Metern reicht das Licht tief in die Mittelpartien der Wohnungen. Weil die Türen in Serie gereiht sind, ergeben sich attraktive Enfiladen, welche die Kammer-Grundrisse zu fliessenden Raumfolgen erweitern. Sie lassen die Wohnflächen grösser wirken und unterstreichen den statushohen Anspruch des Wohnungsangebots.
Die weitläufigen Räume des Bestands mit der kleinräumigen Wohnnutzung bespielen? Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick erstaunen. Die Kleinteiligkeit der neuen Nutzung hat jedoch den grossen Vorteil, eine komplementäre Tragstruktur integrieren zu können, welche die heutigen Herausforderungen bewältigt (Brandschutz, Aussteifung, Lastabtragung). So wird die in die Jahre gekommene, zerbrechliche Struktur mit neuem Stabwerk gleichsam zusammengeknotet und unterstützt. Dabei werden die bestehenden Bauteile stabilisiert und ertüchtigt. Sie werden also nicht einfach obsoletes Beiwerk, sondern tragen gemeinsam mit den ergänzenden statischen Elementen! Der Dachstuhl bleibt auf diese Weise kalt und gut durchlüftet, also unbelastet von thermischen Eingriffen, und wir erleben ihn auch in Zukunft in demselben magischen Zwielicht wie heute.