Industrieareale, Tramdepots oder auch Hafenanlagen sind meist ausschliesslich auf den Gesetzen der Logistik und Verkehrshydraulik aufgebaut. Raumdramaturgie? Himmelsrichtung? Abstand zum Nachbar? Spielt alles keine Rolle. Trotzdem - oder gerade deshalb - faszinieren uns diese Areale gerade wegen ihrer räumlichen Prägnanz. Sie führen uns vor Augen, dass ganz wenige, dafür kräftige Regeln reichen, um charaktervolle, atmosphärisch dichte Stadträume hervorzubringen. Die ehemalige Industriestadt Winterthur bietet dazu einiges Anschauungsmaterial, zu besichtigen etwa im Lagerplatzareal oder am Katharina-Sulzer-Platz.
Was für ein Glücksfall, dass hier nicht einfach Tabula rasa gemacht wurde, als die Busse ins Grüzefeld hinauszogen und beschlossen wurde, dass hier bald gewohnt werden soll! Denn eigentlich ist alles ganz einfach, solange die neuen Wohnhäuser derselben Morphologie folgen wie die alten Hallen. Zwei Hallen müssen weichen, um zwei Wohnzeilen Platz zu machen. Die dritte Halle – mit den Werkstätten – verliert ihr Dach und wird zur Gasse. Die Urhalle bleibt und wird als Kinderhaus zum Mittelpunkt der Anlage. Bestehen bleiben auch die Werkstätten – in denen es sich gut wohnen lässt – und das emblematische Bürogebäude vorne an der Strasse. So wird mit wenigen Interventionen aus einer Verkehrsbaute ein städtischer Ort, aus einer «verbotenen Stadt» eine öffentliche Adresse, aus einer Garage für Busse eine Heimat für viele. Zwei Dinge sind uns dabei besonders wichtig: Einerseits sollen die öffentlichen Räume verständlich, lesbar sein. Indem jede Laiin, jeder Laie sie benennen kann – «Platz», «Hof», «Gasse», «Pfad» – wird ihnen auch der Grad der öffentlichen bzw. privaten Widmung klar. Das ist für den Erfolg der Aneignung entscheidend.